Mittwoch, 16. Juli 2008

Schmetterlinge

Ein Mensch wühlt sich durch Etwas hindurch. Durch Vieles. Viele Objekte und Wörter schaufelt er mit seinen Händen von sich weg, vor sich her, um sich herum. Er sieht selbst nicht, was er tut. Was er weggräbt. Konzentriert und zugleich zerstreut bewegt sich der Mensch, schwer schnaubend, seinen zerschundenen Körper, auf dem immer wieder Objekte und Wörter einstürzen, ungeachtet aller Hindernisse graben lassend, vorwärts. Was vorwärts ist, ist einerlei – der Mensch weiß es nicht. Ist beschäftigt. Etwas ist dem Menschen im Wege. Er strengt sich an. Er zwängt seinen Körper durch etwas und keucht wie nie zuvor. Seine Hände gleiten ab. Können nichts mehr greifen. Ungekanntes Gefühl. Erfahrungslos will der Mensch innehalten. Der Körper dreht und wendet sich willenlos, automatisch vorwärts. Vorwärts schaufeln – das hat er gelernt.

Es macht ‚plop’.

Einfach ‚plop’. Der Mensch gleitet aus. Kein Halt für seine Hände. Alles glatt um ihn herum. Er kann nicht vorwärts. Kann nicht. Langsam wendet er den Kopf. Seinen Kopf. Der Mensch schielt. Blinzelt verstohlen um sich. Verknüpft Objekt und Wort in der Muße, die er hat: „Flasche.“ Sagt er. Durch das Glas hindurch sieht er Objekte und Wörter. Objekte und Wörter auf allen Seiten. Und keinen Gang.

Der Mensch denkt eine Zeit lang nach und kommt zu der logischsten Lösung: Scheiße! Und er scheißt. Im Schneidersitz und manchmal, je nach der Form des unter ihm wachsenden Produktes, die Beine baumelnd, schiebt er sich mit eigener verdauender Kraft langsam nach oben. Im stetigen Auftrieb betrachtet er bequem die Wörter und Objekte die sich außerhalb der Flasche befinden. Wörter und Objekte, durch die er sich sein ganzes vorheriges Leben gewühlt hat. Er sieht auch andere Flaschen. Viele.

Die Scheiße trägt ihn aus de Flasche raus. Panik ergreift ihn. Wo ist oben? Wo ist unten? Während seines gleitenden Aufstieges hatte er nämlich den Entschluß gefasst, bis ganz nach oben zu kommen – wie und wo immer das auch sei. Zum Glück dachte er an Newton, als er auf ein Objekt neben sich blickte („Apfel“). Ein Apfel fällt von Oben nach Unten, und Scheiße wächst von Unten nach Oben. Er beruhigt sich und rechnet aus, wie er am Direktesten geradeaus nach Oben kommt und macht sich wieder auf den Weg. Es ist anstrengend nach oben zu klettern! Wörter und Objekte bedrücken ihn, ziehen an ihm. Aber er will schnell nach Oben. Oben ist objektlos und wortlos, so stellt er es sich vor. Wie in der Flasche. Nur mehr Raum zum Atmen. Das will er. Zum ersten Mal in seinem Wühlen WILL er. Jetzt will er auch noch weg von seiner Scheiße. Gott! Das stinkt.

Ahhh....

Er steht. Wackelig auf Objekten und Wörtern – aber er steht AUF ihnen. Er steht. Sieht Und begreift...Objekte und Wörter schmelzen vor seinen Blicken zusammen und werden –
Welt.

Dienstag, 15. Juli 2008

Stadtbilder

Eine Stelzenskizze

Prolog. Beobachtung: Menschen machen sich bereit, kleiden sich in Kostüme kurz vor der Vorstellung – eine Parade zu Ehren des Stadtgottes. Hinter ihrem kleinen klapprigen Lastwagen steht einer der Schauspielgruppe auf hölzernen Stelzen: Fragil. Rüttelt man fest, wird er umfallen. Egal, wie professionell er mit seinem Laufwerk umgehen kann. Er ist abhängig davon, dass seine Umgebung auf ihn Rücksicht nimmt. Er darf auch nicht hastig laufen. Bedachtsam geht es vorwärts. (Rückwärts ist nur für wahre Könner).

In der Stadt sieht man viele. Viele Menschen auf Stelzen. Stelzen aus Stahlbeton. Wenn auch Hunderte von Menschen an diesen Stelzen rütteln: sie ernten nur Blicke von oben herab und bewegen nicht. Die gigantischen Stelzen jedoch bewegen sich unbemerkbar schnell. Und die Stelzenläufer vermehren sich. Das liegt daran, dass sie denen da unten in der Sonne stehen, und die da unten denken, dass es einfacher sei, ebenfalls auf Stelzen zu laufen, als die Stelzenläufer zu überzeugen, dass sie alle zusammen unten laufen könnten. Laufen ohne Hilfsmittel...

Die Stelzenläufer laufen unterschiedlich: manche geschickt, manche vorsichtig, manche rennen – kopflos vor Wahn und blind vor Angst vor der Höhe. Viele stolpern und fallen und reißen andere mit sich, die neben ihnen laufen. Manche werden von einem starken Wind umgeblasen, auf den sie sich nicht gut vorbereitet haben oder der ihnen nicht vorhergesagt wurde; sie sind nicht stehen geblieben, sondern sind weitergestakt. Manche stolpern über eine Kante, die sie von oben nicht gesehen haben. Manche werden gestoßen, weil sie anderen – schnelleren, stärkeren – im Wege stehen.

Und unten sind sie ständig darauf bedacht, dass sie nicht von den Fallenden erschlagen werden.

Epilog: Und unten wundern sie sich: ist denn jetzt das ganze Jahr über das Fest für den Stadtgott? Warum gibt es so viele Schausteller, die auf Stelzen laufen? Das ist zu viel. Ich geh’! Hab’ genug von diesem Spektakel. Ich geh’ nach Hause – zuhause ist dort, wo die Menschen frei von Göttern leben und nicht immer aufpassen müssen, dass sie keinen nervösen Stelzenläufer umlaufen.

Über das Sprechen im Plastikzeitalter

Schwerfällig brodelnd reißt eine dicke Brühe blöde gegen die Wand blubbernd Löcher in eine Blase quilt dumm aus den Gesichtsöffnungen heraus langsam kochend erstarrend dann nichtssagend nie etwas gesagt habend vergehend ohne zu leben ohne Leben zu geben.

Montag, 14. Juli 2008

Wolken

Wir sind
wie wolken
küssen uns
und
kommen zusammen vereinigen
uns
trennen uns und lassen
reste von uns
bei dem anderen
weinen
und sind manchmal wie unsichtbar
immer verändernd
und verändernd
am schweben
geschoben
zerissen
vom wind sind wir
immer wolken

Morosoph und Agelast

Ich sah 'nen Agelasten
über 'ne Straße hasten.
'n Auto kam hinzu
Und was glaubst du:
Der Agelast starb nach 36 Sekunden –
Doch zuvor hatte er sein Lachen noch gefunden.

Aus dem Auto stieg 'n Morosoph
Und sagte: “Ich bin ja nicht doof!
Ich verstehe das mit dem Tod und dem Lachen.”
Setzte sich in sein Gefährt und fuhr mit hundert Sachen
'nen Polizisten nieder
- wieder - …

Ad. Plastic

Jonathan Raban writes in Soft City:

“Cities, unlike villages and small towns, are plastic by nature. We mould them in our images: they, in their turn, shape us by the resistance they offer when we try to impose our own personal form on them… But the very plastic quality (soft, amenable to the dazzling and libidinous variety of lives, dreams, interpretation) which make the great city the liberator of uman identity also cause it to be especially vulnerable to psychosis and totalitarian nightmare.”

published in 1974

Das Jetzt hetzt...

... und deshalb: Weg ist das Ziel!

Donnerstag, 10. Juli 2008

The Six Commandments

1. don't eat meat
2. buy local
3. don't plant too much
3.a. don’t plan too much
4. don't create great surplus
5. don't make money from surplus
6. don't write down rules
6.a. don’t rule


Commentaries
Ad 1. At least not several times a day or several days a week. See also http://vegetarian.about.com/od/vegetarianvegan101/f/waterpollution.htm and http://vegetarian.about.com/od/vegetarianvegan101/f/forestclearcut.htm about the impact of eating meat on water and, the well-known and well-displaced information on the impact on the rain forest. Have a look into the eyes of that pig. http://www.npr.org/templates/story/story.php?storyId=89713037 . Don’t worry, I am not a militant vegetarian. I am not a vegetarian at all. I like meat. It’s yummie. The smell of chicken wings…ohhhhh….wonderful... difficult to resist. However, considering how much resources it costs to produce the meat we eat, it doesn’t strike me as a bad idea to eat less meat. Apart from the fact that it’s not healthy to eat so much meat anyway. I mean, you survive – but how…euh… boring, innit? read on, just becomes bettah...

Ad 2. If you buy local you can be more or less sure that the products did not waste lots of energy and fuel to get to you. If you are living in a city, just eat mice, cockroaches or create a garden in your office. Or move to the countryside. If you like the city, tell others that it’s much nicer in the countryside. Then the countryside temporarily will be crowded with lots of interesting people and other nerds. Then quickly move back to the city. Then you will have lots of space growing your tomatoes and hunting city-wildlife like pigeons and rats.

Ad 3. And 4. If you happen to be a farmer: plant for yourself and your friends and people you like. I mean, c'mon, you've got land! Plant a forest and start hunting if you like (well, after about 30 yrs). What’s all the fuss about surplus and stuff? Why make more than you need and then put thousands of chicks into the gaschambers every day? Or how do you kill surplus life stock each day? Oh - it wasn't life-stock, it was already dead, yes...that's about meat anyway, innit...Aye, just produce less and enjoy your life anyway, goddammit. Ad 3.a. do you really think you CAN plan!? That's so cute…

Ad 5. Just don’t make money at all. Yeah. Sure, it’s not possible. I mean, money makes us…how can I write such a stupid thing…don’t make money…Tsss, I must be really confused…I mean, money is such a BLESSING. Money makes you happy, of course. I mean, you can buy everything with money: especially freedom and security. Well, the equivalent then: cars and a psychotherapist. But it’s great, money, I mean. Our ancestors, those without a history, those dudes who just jumped around in the forest without writing, these idiots, and, even more stupid, without creating surplus, they did not need money because they were STUPID, of course. No, sorry. They were just not rightly developed. Underdeveloped. That’s why they had no noteworthy economic system. Aye, not noteworthy because they did not take notes, I mean. And, ha! Who are we that we would like to live like that!? No money, no food to buy! Yiiecks! ‘cause all the food would just be available free, since it’s just growing next to us. No food behind lock and key!? What a WEIRD idea! I must be completely out of my mind! It’s impossible…I mean those underdeveloped folks did it for hundreds and thousands of years. But we are the better humans, of course. Developed. Do you know from which standpoint we are developed, actually? Sorry, lost my thread…hmm...must be dishwashing machines. I mean, they didn’t have dishwashers, innit? So we are developed and they weren’t.
Anyways.
If you are completely happy with your life, if you think there is nothing missing (except of money), if you are content with the amount of freedom you have (if you even belong to those people who think that they are free, you are REALLY cute, ey….), if you feel secure (yeah, there is a well-paid police and the good-willing state, they take care…), then you are fine, of course. Innit?

Ad 6. The best rule of all… ad 6.a. if you can’t rule, then just don’t do it! If you can’t be a boss, if you can’t take care of people, if you can’t manage…hands off! D’u know when you know that you can’t do all this stuff?
When you think that others are stupid. When you think that others don’t function. When you think that the whole load of responsibility is on your shoulders. When you get sick. When others next to you get sick. When your “underlings” prefer to be sick than working with you. When you are in stress because of all the work others don’t do (you think and say). Poor man. When you create stress. Worst of all: when you say things like 'stress is good'! That with stress things are happening faster. If you have NO doubts that you are really good – HANDS OFF from being a boss, manager, ruler, because then you are a great danger for your surrounding. If you think that self-reflection is for other people or something between you and your psychologist: Get out of here! As soon as possible! NOW! You would be much better off doing something completely different. It's....

Stadt

Man muss schon abstrakt denken können, um hinter all den vier-eckigen Lichterchen, dem grauen Plastik-Gestein, den schnell-bewegenden Plastikkästen und dem Dunst, Menschen zu vermuten.